Aus der Krise lernen: Soziale Marktwirtschaft stärken.

(Berlin) Umsatzrückgang - aber stabile Beschäftigungslage: Diese Merkmale kennzeichnen die wirtschaftliche Entwicklung des Mittelstandes im vergangenen Jahr. Die Umsätze gingen um 4,9 Prozent zurück. Die Beschäftigung blieb mit minus 0,3 Prozent weitgehend stabil. 2010 wird sich das nach wie vor hohe Beschäftigungsniveau nur halten lassen, wenn auch die bisher erst angekündigten Maßnahmen zur Binnenmarktstabilisierung beschlossen werden und wirken können, heißt es im Jahresmittelstandsbericht 2010 der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand, der heute in Berlin vorgestellt wurde.

Zahlen und Einschätzungen basieren auf den Konjunkturumfragen der in der AG Mittelstand zusammengeschlossenen Verbände aus Handel, Industrie, Handwerk und Gastgewerbe sowie auf Prognosen der kreditwirtschaftlichen Verbände. Schon mit dem Titel "Aus der Krise lernen: Soziale Marktwirtschaft stärken" machen die neun führenden Mittelstandsverbände deutlich, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise, sowie die aktuelle Euro-Krise nicht auf ein Versagen des Marktes, sondern auf fehlende Regeln und politische Fehler zurückzuführen und hieraus die richtigen Konsequenzen zu ziehen sind.

"Der Mittelstand ist das Fundament und der Erfolgsfaktor der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland. Dank der Sozialen Marktwirtschaft können mittelständische Unternehmer ihren Beitrag für den Wohlstand unseres Gemeinwesens leisten", unterstrichen Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) und Heinrich Haasis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV).

Haasis machte deutlich, dass für die Unternehmen neben dem Zugang zu Fremdkapital besonders eine solide Ausstattung mit Eigenkapital die unverzichtbare Voraussetzung für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg sei. "Hier leisten Sparkassen und Genossenschaftsbanken mit ihren Beteiligungsgesellschaften einen wichtigen Beitrag zur eigenkapitalnahen Finanzierung des Mittelstandes." Die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand macht in ihrem Bericht deutlich, dass die unaufschiebbare Konsolidierung des Staatshaushalts gleichgewichtig und in sachgerechter Schrittfolge mit einer strukturellen und nachhaltigen Steuerentlastung verbunden werden muss. Angesichts der Haushaltslage muss die Politik klare Prioritäten für den Einsatz der geringer werdenden Mittel setzen. Kentzler: "Wir müssen da investieren - und nur noch da -, wo es eine zusätzliche Rendite bringt. In Form von besserer Bildung, mehr Arbeitsplätzen, steigenden Steuereinnahmen, oder auch mehr Klimaschutz."

Kernaussagen des Jahresmittelstandsberichtes 2010 der AG Mittelstand

  • Finanzmarktkrise und globale Rezession haben tiefe Spuren auch im deutschen Mittelstand hinterlassen. Die Talsohle konnte zur Jahresmitte 2009 durchschritten werden, wozu auch umfängliche staatliche Stabilisierungsmaßnahmen beigetragen haben. Der weitere wirtschaftliche Erholungsprozess bleibt gleichwohl langwierig und schwierig.
  • Zwar stieg die Arbeitslosigkeit bei weitem nicht so stark an, wie zunächst befürchtet worden war. Aber auch in diesem Jahr wächst die Arbeitslosigkeit trotz beginnender gesamtwirtschaftlicher Erholung weiter.
  • Die Binnenkonjunktur, von der im vergangenen Jahr ein wesentlicher Stabilisierungsimpuls ausging, wird im laufenden Jahr - wenn überhaupt - kaum einen nennenswerten Wachstumsbeitrag leisten können.
  • Besonderes Augenmerk muss weiterhin auf die Gewährleistung eines hinreichenden Finanzierungsangebots für Unternehmen sowohl im Betriebsmittel- als auch im Investitionsbereich gelegt werden. Zugleich steht die Stärkung der im Krisenverlauf deutlich abgeschmolzenen Eigenkapitalbasis der Unternehmen auf der Agenda.
  • Zur nachhaltigen Stabilisierung und Stärkung der gesamtwirtschaftlichen Erholungskräfte müssen die ordnungspolitischen Fundamente der Sozialen Marktwirtschaft gesichert und teilweise auch wieder verstärkt werden. Ein wesentlicher Punkt hierbei ist, dass der für Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand unerlässlichen unternehmerischen Initiative und Kreativität die notwendigen Gestaltungsspielräume gegeben werden. Dieser Grundsatz muss ungeachtet aller Modifizierungsnotwendigkeiten auch für die Neuordnung der internationalen Finanzmärkte gelten.
  • Die zentrale wirtschafts- und finanzpolitische Herausforderung besteht darin, die unaufschiebbare Konsolidierung der öffentlichen Haushalte mit einer strukturellen und nachhaltigen Steuerentlastung zu verbinden. Dies kann nur bei substantieller Rückführung staatlicher Ausgaben gelingen./
  • Gleichzeitig sind in den Sozialversicherungen sowohl auf der Leistungs- als auch der Finanzierungsseite weitere Strukturreformen zur Stärkung der Eigenverantwortung notwendig. In der Kranken- und in der Pflegeversicherung muss die Risikoabsicherung vom Arbeitsverhältnis gelöst werden
  • Ineffiziente arbeitsmarktpolitische Programme sind rasch zurückzuführen und müssen letztlich auslaufen. Die Arbeitsagenturen benötigen größere Entscheidungsautonomie für individuell passgenaue Ansatzpunkte zur Integration Arbeitsloser in den ersten, tatsächlichen Arbeitsmarkt.
  • Die noch von der früheren Bundesregierung begonnene anspruchsvolle Initiative zum Bürokratieabbau muss verstärkt fortgeführt werden. Hierin sind auch arbeitsrechtliche Flexibilisierungen sowie eine substanzielle Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens mit einzubeziehen.

Bankenabgabe darf Mittelstandsfinanzierung nicht belasten!

Die Politik muss bei der Diskussion um eine Bankenabgabe die Finanzierung des Mittelstandes im Blick haben. Die Gefahr einer Kreditklemme ist keineswegs gebannt. Die Abgabe kann dazu führen, dass Kreditvergabespielräume zusätzlich eingeengt werden - insbesondere wenn sie nicht an der Risikoneigung und Systemrelevanz der Institute ansetzt.

Um zukünftige Krisen zu vermeiden, brauchen wir vor allem eine Finanzmarktregulierung, die besonders risikoreiche Geschäfte ins Blickfeld nimmt. Diese müssen zukünftig stärker mit Eigenkapital hinterlegt werden, um bei hoher Risikoneigung Kapitalpuffer zu haben.

Die Politik ist gefordert, dies bei den internationalen Verhandlungen voranzubringen. Neue Regelungen müssen weltweit gelten, um das Risiko neuer Krisen einzudämmen. Nationale Alleingänge schaden dem Finanzplatz und der Kreditvergabe in Deutschland.

Die klassische Mittelstandsfinanzierung war zudem nicht Auslöser der Krise. Es kann nicht sein, dass die Unternehmen letztlich die Bankenabgabe über höhere Kreditzinsen tragen müssen.

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